COVID-19-Infektionen und –Impfung – Konsequenzen für psychopharmakologische Therapien

Seit Dezember 2019 hat sich die Pandemie des schweren akuten respiratorischen Syndroms (SARS), verursacht durch das Coronavirus Typ 2 (CoV-2), weltweit ausgebreitet. Bis Ende Juli 2021 wurden knapp 200 Millionen Infizierte gemeldet, über vier Millionen sind an der Infektion COVID-19 gestorben (https://www.worldometers.info/coronavirus/). Bei Ausbruch der Pandemie standen keine Medikamente für die Behandlung zur Verfügung. Es wurden mehr als 60 Arzneistoffe als mögliche experimentelle Therapeutika vorgeschlagen, antivirale Substanzen wie Remdesivir (zugelassen zur Behandlung von Ebola), Lopinavir/Ritonavir (zugelassen für die Behandlung von HIV) oder Substanzen mit immunsuppressivem Potential wie Hydroxychloroquin (zugelassen zur Behandlung von rheumatoider Arthritis, Lupus erythematodes und Malaria) oder der Interleukin-6-Antagonist Tocilizumab (zugelassen zur Therapie der rheumatoiden Arthritis und des Zytokin-Freisetzungs-Syndroms) (Nitulescu et al. 2020). Dexamethason senkt nach Studien das Sterberisiko bei Patienten mit COVID-19 und der Notwendigkeit einer Sauerstofftherapie um bis zu einem Drittel. Eine entsprechende Zulassungserweiterung hat die EMA im September 2020 empfohlen (https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RV_STP/a-f/dexamethason.html). Auch mit den verwandten Cortison-Derivaten Hydrocortison und Methylprednisolon wurden in Studien Therapieverbesserungen erzielt (https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/woran-wir-forschen/therapeutische-medikamente-gegen-die-coronavirusinfektion-covid-19). Weiterlesen

Aripiprazol – FDA-Zulassung eines Sensorsystems für die Tabletten-Einnahme

Die FDA hat im November 2017 das Einnahmesystem (digital ingestion tracking system) „Abilify MyCite” bei Patienten mit Schizophrenie, Bipolarer Störung und als add-on bei schweren Depressionen zugelassen (zugelassene Indikationsbereiche für Aripiprazol in den USA) [1]. Aripiprazol-Tabletten ( Otsuka) sind dabei mit einem Sensorsystem (Proteus Digital Health, enthält u.a. Kupfer und Magnesium) versehen, das nach Kontakt mit Magensäure digitale Signale sendet, die von einem Sensor, der in einem Pflaster auf der Haut in Rippennähe angebracht wird und wöchentlich gewechselt werden muss, empfangen werden. Die Signale können von einer App empfangen und ggf. an eine Cloud gesendet werden. Die Verordnung von Abilify McCite ist mit der Ausgabe und Erklärung einer ausführlichen Medikationsberatung verbunden [1].
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Clozapin – Geänderte Herstellervorgaben bei der Behandlung

Die Voraussetzungen zur Verordnung von Clozapin haben sich in Bezug auf das Blutbild im Vergleich zu den Angaben in der 11. Auflage des Kompendiums für Psychiatrische Pharmakotherapie, S. 392, verschärft. Es wird jetzt zu allen Prüfzeiten ein Differential-Blutbild gefordert. Abhängig von der Gesamtzahl der Leukozyten und der neutrophilen Granulozyten wird das weitere Vorgehen vorgegeben.
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Quetiapin – Fallberichte von Kardiomyopathien

Ein gut dokumentierter, kürzlich publizierter Einzelfall spricht recht eindeutig für eine durch Quetiapin verursachte, medikamentös-toxische schwere Kardiomyopathie mit kardiogenem Schock im Verlauf einer etwa 4-monatigen Therapie mit Quetiapin 800mg/d bei einer 39-jährigen Patientin mit Psychose [1,2]. Sowohl ausführliche kardiale Normalbefunde vor Beginn der Therapie als auch die stationär durchgeführte präzise Differenzialdiagnostik und die weitgehende Restitution der kardiologischen Befunde unter Aripiprazol sprechen für einen kausalen Zusammenhang [1]. Weiterlesen

Paliperidon und Aripiprazol – zwei neue Depotformulierungen von der FDA zugelassen

Paliperidonpalmitat als Dreimonats-Depotformulierung (PP3M)

Nach der Zulassung von Paliperidonpalmitat als 3-Monatsdepot-Formulierung (PP3M) durch die FDA (Juni 2015; Handelsname INVEGA TRINZA [1]) wurde von der Fa. Janssen ein Antrag auf Erweiterungszulassung auch in Europa (EMA) gestellt (geplanter Handelsname in Europa TREVICTA). Die Zulassung in Europa wird für den Sommer 2016 erwartet. Weiterlesen

Levomepromazin und Asenapin – erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerungen und mögliches Risiko für Torsades de Pointes (TdP)

Das konventionelle, niederpotente Antipsychotikum Levomepromazin (z.B. Neurocil), wurde zu einer Liste von Substanzen mit bekanntem TdP-Risiko hinzugefügt. Das neuere Antipsychotikum Asenapin (Sycrest), in Deutschland nur zur Behandlung mäßiger bis schwerer manischer Episoden einer Bipolar-I-Störung bei Erwachsenen zugelassen, wurde als Substanz mit QTc-verlängernder Wirkung und „möglichem TdP-Risiko“ eingestuft (https://www.crediblemeds.org/blog/changes-qtdrugs-lists-novdec-2015/). Weiterlesen

Lurasidon (Latuda) – vom deutschen Markt genommen

Wir hatten am 27.03.2014 in den Kompendium-News über die Zulassung von Lurasidon zur Schizophrenie-Behandlung in der EU berichtet (s. auch Kompendium, 10.A., S. 406-408). Seit November 2014 stand Lurasidon (Handelsname Latuda) auch in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit Schizophrenie zur Verfügung.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer Dossierbewertung überprüft, ob Lurasidon gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (Amisulprid, Aripiprazol, Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon; Vergleich v.a. mit Risperidon) einen Zusatznutzen bei der Aktubehandlung und der Rückfallprophylaxe bietet. Mittlerweile hat auch die entsprechend des AMNOG-Verfahrens in Deutschland für Neuzulassungen vorgesehene Zusatznutzenprüfung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) stattgefunden und keinen Zusatznutzen gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien ei der Akutbehandlung und der Rückfallprophylaxe festgestellt (Beschluss vom 16.04.2015).

Für die Bewertung der Akutbehandlung (Vergleiche mit Risperidon, Olanzapin oder Quetiapin XR) waren laut G-BA die vorgelegten Studien nicht hinreichend aussagekräftig, bei der Rückfallprophylaxe wurde das Studienziel (Nichtunterlegenheit gegenüber Risperidon) nicht erreicht. Der Hersteller (Takeda) nahm das Präparat am 01.03.2015 vom deutschen Markt. Im ärztlich begründeten Einzelfall können Patienten auch von der GKV die Kostenerstattung nach Antrag für Lurasidon ggf. erhalten, das Präparat ist als EU-Import (z.B. Dänemark) offensichtlich weiterhin erhältlich.
Literatur
https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/147/

https://www.iqwig.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/lurasidon-bei-schizophrenie-zusatznutzen-ist-nicht-belegt.6543.html

Matthias J. Müller, Marburg/Gießen, [mjmueller@gmx.de]

Aripiprazol – Zulassung von Aripiprazol-Depot für die monatliche Injektion zur Behandlung von Patienten mit Schizophrenie

Aripiprazol-Depot
Im November 2013 wurde ein Aripiprazoldepot-Präparat (Handelsname ABILIFY MAINTENA®) (Trockenpulver mit Mikropartikeln zur Herstellung einer wässrigen Lösung für die Depot-Injektion) in Europa zur Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit Schizophrenie, die während einer akuten Behandlung stabil mit oralem Aripiprazol eingestellt wurden, für die intraglutäale Injektion zugelassen (Dosierung 300-400 mg/4 Wochen) [1,2].
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Lurasidon – Zulassung zur Schizophrenie-Behandlung in der EU

Für Lurasidon (Latuda) wurde nach der FDA-Zulassung (Schizophrenie im Oktober 2010, Dosis 40-160mg/d; Bipolare Depression, als Monotherapie oder in Verbindung mit Lithium oder Valproat, im Juni 2013, Dosis 20-120mg/d) die Zulassung zur Schizophrenie-Behandlung bei der European Medicines Agency (EMA) im Oktober 2012 beantragt. In der Schweiz besteht bereits eine Zulassung zur Behandlung von Patienten mit Schizophrenie (August 2013).
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Risperidon und Paliperidon – Rote-Hand-Brief zum Risiko eines Intraoperativen Floppy Iris Syndrom (IFIS)

Am 09.09.2013 wurde von der Fa. Janssen-Cilag GmbH in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einem Rote-Hand-Brief über das Risiko eines intraoperativen Floppy Iris Syndroms (IFIS) während einer Kataraktoperation bei Patienten unter Behandlung mit Risperidon oder Paliperidon informiert.
Ein IFIS ist mit einer erhöhten Rate kataraktchirurgischer Komplikationen verbunden, einschließlich Ruptur der hinteren Linsenkapsel und Glaskörperverlust.
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