Aripiprazol – Zulassung von Aripiprazol-Depot für die monatliche Injektion zur Behandlung von Patienten mit Schizophrenie

Aripiprazol-Depot
Im November 2013 wurde ein Aripiprazoldepot-Präparat (Handelsname ABILIFY MAINTENA®) (Trockenpulver mit Mikropartikeln zur Herstellung einer wässrigen Lösung für die Depot-Injektion) in Europa zur Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit Schizophrenie, die während einer akuten Behandlung stabil mit oralem Aripiprazol eingestellt wurden, für die intraglutäale Injektion zugelassen (Dosierung 300-400 mg/4 Wochen) [1,2].

Dosierung
Die Verträglichkeit von oralem Aripiprazol muss vor Beginn einer Depot-Behandlung gegeben sein. Empfohlen sind zur Erhaltungstherapie 400 mg Aripiprazol-Depot über 4 Wochen (nicht früher als 26 Tage nach der letzten Injektion) [2]. Dies entspricht etwa einer täglichen oralen Erhaltungsdosis von 15 mg Aripiprazol [6]. Nach der ersten Injektion sollte die Behandlung zusätzlich mit 10 bis 20 mg oralem Aripiprazol noch für 14 Tage fortgesetzt werden [1,2]. Wenn Nebenwirkungen unter der Dosis von 400 mg auftreten, sollte eine Dosisreduktion auf 300 mg einmal monatlich erwogen werden [1,2,5-7].

Pharmakodynamik und Wirksamkeit
Die Pharmakodynamik entspricht bei demselben Wirkstoff der des oralen Aripiprazols [1,6] mit insbesondere sehr hoher Affinität von Aripiprazol und dem aktiven Metaboliten Dehydroaripiprazol zum Dopamin-D2-Rezeptor, dabei jedoch partialantagonistischer Wirkung an Dopamin-D2- und -D3-Rezeptoren [1,6].

Zum Wirksamkeitsnachweis liegen zwei randomisierte, doppelblinde Studien vor (über 52 bzw. 38 Wochen, mittleres Alter der Patienten etwa 40 J) [3-5,7,8].

In der placebo-kontrollierten Studie [4] wurden N=403 Patienten nach mindestens 4-wöchiger Stabilisierung unter oralem Aripiprazol (10-30 mg/d, 4-12 Wochen) und anschließender 12-wöchiger Aripiprazol-Depot-Stabilisierung (400 mg/4 Wochen, Reduktion auf 300 mg/ 4 Wochen erlaubt, 2 Wochen orale Aripiprazol-Medikation 10mg/d) auf Aripiprazol-Depoterhaltungstherapie (52 Wochen) oder Placebo im Verhältnis 2:1 randomisiert. Die Erhaltungstherapiestudienphase wurde frühzeitig wegen deutlich geringerer Relapse-Raten (Relapse definiert als deutliche Zunahme von Positivsymptomen oder drohendem Rückfall) unter Aripiprazol-Depot (400 mg/4 Wochen) beendet. Am Endpunkt (52 Wochen) lag die Relapse-Rate unter Aripiprazol-Depot bei 10.0%, unter Placebo bei 39.6% [4].

In der 38-wöchigen Studie [3] wurden N=662 Patienten nach Stabilisierung unter oralem Aripiprazol auf Aripiprazol-Depot 400 mg/4 Wochen, Aripiprazol oral 10-30 mg/d oder Aripiprazol-Depot 50 mg/4 Wochen im Verhältnis 2:2:1 randomisiert. Dabei wurde die Überlegenheit von Aripiprazol (400 mg/4 Wochen; Rückfallrate 7.1%) und oralem Aripiprazol (10-30 mg/d, Relapse-Rate 7.8%) gegenüber subtherapeutisch dosiertem Aripiprazol-Depot (50 mg/4 Wochen, Relapse-Rate 21.8%) bei gleichzeitiger Nichtunterlegenheit des Depots in der Dosierung von 400 mg/4 Wochen gegenüber oralem Aripiprazol gezeigt [3].

Pharmakokinetik und Verträglichkeit
Die Resorption von Aripiprazol aus der Suspension in den systemischen Kreislauf erfolgt aufgrund der geringen Löslichkeit langsam mit einer Resorptionshalbwertszeit von etwa 28 Tagen. Tmax wird nach etwa 7 Tagen erreicht, nach mehrfacher Verabreichung von Aripiprazol-Depot (400 bzw. 300 mg) beträgt die terminale Eliminationshalbwertszeit 46,5 bzw. 29,9 Tage. Die Metabolisierung erfolgt hauptsächlich unter Beteiligung von CYP2D6 und CYP3A4 (Hauptmetabolit Dehydroaripiprazol), so dass bei Patienten mit bekanntem genetisch bedingt auffälligem CYP2D6-Metabolisiererstatus (ultra rapid oder poor metabolizer) entsprechende Dosisanpassungen empfohlen sind; des Weiteren ist auf die Komedikation mit CYP2D6- oder CYP3A4-Inhibitoren oder CYP3A4-Induktoren unter Aripiprazol-Depot am besten zu verzichten; ggf. ist die Bestimmung von Plasmaspiegeln zu empfehlen. Die Plasmaspiegel von Aripiprazol und dem aktiven Metaboliten Dehydroaripiprazol befinden sich im steady state im Bereich der Spiegel nach oraler Medikation (Aripiprazolspiegel 100-200 mg/ml, Dehydroaripiprazolspiegel etwa 1/3 der Muttersubstanz) [1,2,6]. Alter, Geschlecht, Raucherstatus, ethnische Zugehörigkeit oder auch bis zu mittelgradige Einschränkungen der Nieren- oder Leberfunktion scheinen keinen wesentlichen Einfluss auf die Pharmakokinetik zu haben, so dass keine generellen Dosisanpassungen empfohlen werden [6].

Das Profil der unerwünschten Wirkungen ist vergleichbar mit dem des oralen Aripiprazols, einschließlich der im Vergleich mit Placebo geringen endokrinen (keine Prolaktinerhöhung), metabolischen und kardialen Nebenwirkungen (QTc-Verlängerung). Als häufige Nebenwirkungen (Fachinformation [2]) werden Gewichtsveränderungen (Erhöhung und Erniedrigung), Diabetes mellitus, Agitiertheit, Angst, Unruhe, Schlaflosigkeit, EPS, Sedierung, Schwindel, Kopfschmerz, Mundtrockenheit, muskuloskelettale Steifigkeit, Erektionsstörungen und CK-Erhöhungen angegeben. Schmerzen und Verhärtungen an der Injektionsstelle werden ebenfalls häufig berichtet [2]; Postinjektionssyndrome sind seither jedoch nicht bekannt geworden. In den Zulassungsstudien brachen weniger als 10% der Patienten die Behandlung mit Aripiprazol-Depot wegen behandlungsbedingter Nebenwirkungen ab [1-5].

Bewertung
Die Einführung eines weiteren atypischen Depotantipsychotikums für Injektionsintervalle von 4 Wochen ist vor allem in Hinblick auf die Therapieadhärenz als prinzipiell positiv zu werten [1,5,7,8]. Aufgrund der bereits bekannten guten Verträglichkeit von Aripiprazol (geringe metabolische Effekte, geringes EPS-Risiko, kein Prolaktinanstieg, keine bekannte QTc-Verlängerung) erscheint die Substanz als Depot-Formulierung besonders geeignet für die Erhaltungstherapie bei Patienten mit schizophrenen Störungen. Auf pharmakokinetische Besonderheiten, v.a. Interaktionen, und den vor Beginn einer Depottherapie notwendigen Nachweis der Verträglichkeit von oralem Aripiprazol ist zu achten.

Matthias J. Müller, Gießen und Marburg
Otto Benkert, Mainz

Literatur
[1] Benkert O, Hippius H. Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie. 10. Auflage 2014, Heidelberg: Springer.
[2] Fachinformation Abilify Maintena. Otsuka Pharma GmbH, März 2014.
[3] Fleischhacker WW, Sanchez R, Perry PP, Jin N, Peters-Strickland T, Johnson BR, Baker RA, Eramo A, McQuade RD, Carson WH, Walling D, Kane JM. Aripiprazole once-monthly for treatment of schizophrenia: double-blind, randomised, non-inferiority study. Br J Psychiatry 2014 [Epub ahead of print]
[4] Kane JM, Sanchez R, Perry PP, Jin N, Johnson BR, Forbes RA, McQuade RD, Carson WH, Fleischhacker WW. Aripiprazole intramuscular depot as maintenance treatment in patients with schizophrenia: a 52-week, multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled study. J Clin Psychiatry 2012; 73: 617-24.
[5] Motiwala FB, Siscoe KS, El-Mallakh RS. Review of depot aripiprazole for schizophrenia. Patient Prefer Adherence 2013; 7:1181-7.
[6] Müller WE. Therapeutische Anwendung von Aripiprazol-Depot. Pharmakologische und pharmakokinetische Grundlagen. Psychopharmakotherapie 2014; 3: 97-105.
[7] Shirley M, Perry CM. Aripiprazole (ABILIFY MAINTENA®): A review of its use as maintenance treatment for adult patients with schizophrenia. Drugs 2014;74:1097-110.
[8] Spittler S. Klinische Daten und Erfahrungen mit Aripiprazol-Depot in der Therapie der Schizophrenie. Psychopharmakotherapie 2014; 3: 106-111.

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