Aripiprazol – FDA-Zulassung eines Sensorsystems für die Tabletten-Einnahme

Die FDA hat im November 2017 das Einnahmesystem (digital ingestion tracking system) „Abilify MyCite” bei Patienten mit Schizophrenie, Bipolarer Störung und als add-on bei schweren Depressionen zugelassen (zugelassene Indikationsbereiche für Aripiprazol in den USA) [1]. Aripiprazol-Tabletten ( Otsuka) sind dabei mit einem Sensorsystem (Proteus Digital Health, enthält u.a. Kupfer und Magnesium) versehen, das nach Kontakt mit Magensäure digitale Signale sendet, die von einem Sensor, der in einem Pflaster auf der Haut in Rippennähe angebracht wird und wöchentlich gewechselt werden muss, empfangen werden. Die Signale können von einer App empfangen und ggf. an eine Cloud gesendet werden. Die Verordnung von Abilify McCite ist mit der Ausgabe und Erklärung einer ausführlichen Medikationsberatung verbunden [1].

Die Hypothese, dass durch ein solches Tracking System die Medikamentenadhärenz verbessert wird, ist allerdings seither nicht belegt. Eine Verwendung im Notfall oder in Echtzeit wird zudem nicht empfohlen, da die Signalweitergabe möglicherweise verzögert oder in seltenen Fällen gar nicht erfolgt [1]. Eine vorliegende Machbarkeitsuntersuchung an 67 selektierten Patienten mit nur gering symptomatischer Schizophrenie und stabiler Antipsychotika-Medikation ergab, dass etwa ¼ der Patienten die 8-Wochen-Studie vorzeitig beendeten. Etwa 82% der verbleibenden Patienten war in der Lage, das System zumindest mit geringer Unterstützung zu nutzen (Pflasterwechsel, App); die Nutzungsdauer lag dabei im Mittel bei 71% (Median 78%), bezogen auf 8 Wochen. Am Ende der Untersuchung waren 78% der Patienten zumindest “etwas zufrieden” mit dem System [2].
Die derzeit vorliegenden Ergebnisse lassen sich demnach nicht als Argument für einen klinischen Einsatz des Systems bei Patienten mit schweren psychischen Störungen werten. So kommt ein aktuelles Editorial auch zu einem kritischen Fazit: die dafür notwendige Einsichtsfähigkeit und Bereitschaft limitiert bei vielen Patienten sowohl die Adhärenz als auch den Einsatz von Maßnahmen zur Kontrolle und Verbesserung; insbesondere bei Patienten mit Wahn und Halluzinationen scheint der Einsatz eines Sensorsystems, das aus dem Körperinneren Signale nach außen sendet, fragwürdig. Die Autoren empfehlen, die ohnehin meist knappe Zeit im Patientenkontakt statt für das Auslesen des Monitorings und der Beratung in Hinblick auf die digitale Systemnutzung eher für die Ergründung und für therapeutische Maßnahmen in Bezug auf mögliche Ursachen einer fehlenden Akzeptanz und Adhärenz einschließlich des Therapeutischen Drug Monitorings (TDM) zu nutzen [3].
Über einen Zulassungsantrag für Abilify MyCite bei der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) und über mögliche Kosten ist derzeit nichts bekannt. In den USA werden die Kosten möglicherweise von wenigen, ausgewählten Versicherungen übernommen.

Digitale Technologien finden gleichwohl zunehmend Einsatz im Gesundheitswesen [4]; das digitale Medikationsmonitoring ist hierbei nur ein kleiner Teil der Entwicklung und scheint für verschiedene größere Zielgruppen (außerhalb der Psychiatrie) erfolgversprechend zu sein (Hepatitis C, Diabetes, Bluthochdruck).

Literatur

[1] FDA News Release, 13. November 2017
[2] Peters-Strickland T, Pestreich L, Hatch A, Rohatagi S, Baker RA, Docherty JP, Markovtsova L, Raja P, Weiden PJ, Walling DP. Usability of a novel digital medicine system in adults with schizophrenia treated with sensor-embedded tablets of aripiprazole. Neuropsychiatr Dis Treat. 2016;12:2587-2594.
[3] Masand P, Han C, Pae CU. Will the Proteus sensor enhance adherence to aripiprazole or other antipsychotics? Expert Rev Neurother. 2017;17:319-321.
[4] Batra S, Baker RA, Wang T, Forma F, DiBiasi F, Peters-Strickland T. Digital health technology for use in patients with serious mental illness: a systematic review of the literature. Med Devices (Auckl). 2017;10:237-251.

Matthias J. Müller, Berlin [mjmueller@gmx.de]
Otto Benkert, Mainz [otto.benkert@t-onlline.de]

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