Eszopiclon (Lunivia) – als Hypnotikum in Deutschland eingeführt

Eszopiclon ist das rechtsdrehende Stereoisomer von Zopiclon. Es
vermittelt die hypnotische Wirksamkeit dieses Razemats (Monti und
Pandi-Perumal 2007). In den USA ist Eszopiclon (aber nicht Zopiclon)
seit 2004 eingeführt. Umgekehrt ist seit 1991 Zopiclon, aber nicht
Eszopiclon, in der Europäischen Union einschließlich Deutschland
zugelassen. Im Jahr 2009 befürwortete der zuständige Ausschuss der
European Medicines Agency (EMA) das vom US-amerikanischen
Hersteller beantragte Inverkehrbringen von Eszopiclon, lehnte jedoch
die Anerkennung dieser Substanz als neuartiges Arzneimittel ab. Da
dadurch der Substanz der zehnjährige Patentschutz verwehrt worden
wäre, zog der Hersteller seinen Antrag zurück (EMA 2009 a und b). Im
April 2021 wurde nun Eszopiclon nach Zulassung durch das BfArM
von der Firma Hennig unter dem Markenamen Lunivia auf dem
deutschen Markt eingeführt.

Die Indikation für Eszopiclon ist die Kurzzeittherapie
schwerwiegender Ein- und Durchschlafstörungen (wie für Zopiclon).
In speziellen Fällen, etwa bei chronischer Insomnie, kann das
Arzneimittel laut Fachinformation über bis zu sechs Monate
verordnet werden (Hennig 2020). Dies beruht auf zwei Studien, die
zeigten, dass eine Verordnung über diesen Zeitraum nicht zum
Verlust der Wirksamkeit oder zur Toleranzentwicklung führt (Krystal
et al 2003, Walsh et al 2007). Die erste dieser Studien wurde weitere
sechs Monate fortgeführt, wiederum ohne Wirksamkeitsminderung oder Toleranzentwicklung kam (Roth et al 2005). Für alle bisher in Deutschland eingeführten Hypnotika und für Arzneimittel wie sedierende Antidepressiva, die off label zur Behandlung der Insomnie verschrieben werden, fehlen Langzeitstudien.

Das Arzneimittel steht in drei Dosierungen zur Verfügung: 1mg, 2 mg und 3 mg. 1 mg wird als Dosis zu Beginn einer Therapie
empfohlen. Die Berichte über die Wirksamkeit sind jedoch
uneinheitlich. 2 mg ist die Höchstdosis für Patienten, die 65 Jahre alt
und älter sind. Die Dosis von 3 mg ist die höchste für Patienten von
18 bis 64 Jahre. Diese Auswahl an Dosierungen unterscheidet
Eszopiclon von Zopiclon, das nur in einer Dosierung von 7,5 mg zur
Verfügung steht. Einige Generika von Zopiclon sind seit einigen Jahren auch mit 3,75 mg erhältlich.

Nur die beiden zuvor genannten Unterschiede zwischen Eszopiclon und Zopiclon sind für die Praxis relevant. Mehrere Studien und Metaanalysen haben gezeigt, dass mit Eszopiclon ein gut wirksames und sicheres Medikament für die pharmakologische Kurzzeittherapie von Ein- und Durchschlafstörungen zur Verfügung steht (Liang et al 2009, Rösner et al 2018). Die Sichtweise des Herstellers, Eszopiclon sei in Wirksamkeit und Sicherheit Zopiclon überlegen und neuartig wurde von der EMA zurückgewiesen (EMA 2009 a und b). Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass Vergleichsstudien zwischen beiden Substanzen fehlen (EMA 2009 b). Auch nach der Einführung von Eszopiclon in Deutschland werden Vorteile wie geringere Risiken für die Entwicklung von Abhängigkeit und von Gedächtnisstörungen nach diesem Arzneimittel im Vergleich zu Zopiclon postuliert (Girrbach 2021, Fa. Hennig persönliche Mitteilung). Gegen diese Sichtweise spricht zum einen, dass in der Fachinformation für Eszopiclon beeinträchtigtes Gedächtnis als häufige Nebenwirkung angegeben wird (Hennig 2020), während laut Fachinformation für Zopiclon anterograde Amnesie selten auftritt und die Häufigkeit von eingeschränktem Erinnerungsvermögen als Nebenwirkung von Zopiclon nicht bekannt ist (Sanofi-Aventis 2021).

Zum anderen sind in dem recht langen Zeitraum seit der genannten
Stellungnahme der EMA (EMA 2009 b) keine Vergleichsstudien
publiziert worden, die eine Überlegenheit von Eszopiclon gegenüber
Zopiclon belegen. Vom klinischen Standpunkt zeichnet sich nach den bisherigen Studien kein Vorteil bei einer Verordnung von Eszopiclon im Vergleich zu Zopiclon ab.

Literatur

1. European Medicines Agency (2009 a). Fragen und Antworten
zur Rücknahme des Antrags auf Genehmigung für das
Inverkehrbringen von Lunivia, Eszopiclon. Dok.-Ref.
EMEA/307582/2009 EMEA/H/C/895
2. European Medicines Agency (2009 b). Withdrawal assessment
report for Lunivia. Procedure No. EMEA/H/C/000895. EMA,
2009.
3. Girrbach, G (2021). Neue Perspektive für Insomnie-Patienten.
InFo Neurologie; 23: 52.
4. Hennig Arzneimittel GmbH & Co KG (2020). Fachinformation
Lunivia. Frankfurt: Rote Liste Service, November 2020.
5. Krystal AD, Walsh JK, Laska E, Caron J, et al (2003). Sustained
efficacy of eszopiclone over 6 months of nightly treatment:
results of a randomized, double-blind, placebo-controlled study
in adults with chronic insomnia. Sleep; 26:793-9.
6. Liang L, Huang Y, Xu R, Wei Y, Xiao L, Wang G (2019).
Eszopiclone for the treatment of primary insomnia: a systematic
review and meta-analysis of double-blind, randomized, placebo controlled trials. Sleep Med; 62:6-13.
7. Monti JM, Pandi-Perumal SR (2007). Eszopiclone: its use in the
treatment of insomnia. Neuropsychiatr Dis Treat; 3:441-53.
8. Rösner S, Englbrecht C, Wehrle R, Hajak G, et al (2018).
Eszopiclone for insomnia. Cochrane Database Syst Rev.
2018;10:CD010703.
9. Roth T, Walsh JK, Krystal A, Wessel T, et al (2005). An evaluation
of the efficacy and safety of eszopiclone over 12 months in
patients with chronic primary insomnia. Sleep Med.; 6:487-95.
10. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH (2021). Fachinformation Ximovan. Frankfurt: Rote Liste Service, Februar2021
11. Walsh JK, Krystal AD, Amato DA, Rubens R, Caron J, et al
(2007). Nightly treatment of primary insomnia with eszopiclone
for six months: effect on sleep, quality of life, and work
limitations. Sleep. 2007; 30:959-68.

Axel Steiger, Kaiserslautern [profsteiger@gmail.com]

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