Lurasidon – Zulassung zur Schizophrenie-Behandlung in der EU

Für Lurasidon (Latuda) wurde nach der FDA-Zulassung (Schizophrenie im Oktober 2010, Dosis 40-160mg/d; Bipolare Depression, als Monotherapie oder in Verbindung mit Lithium oder Valproat, im Juni 2013, Dosis 20-120mg/d) die Zulassung zur Schizophrenie-Behandlung bei der European Medicines Agency (EMA) im Oktober 2012 beantragt. In der Schweiz besteht bereits eine Zulassung zur Behandlung von Patienten mit Schizophrenie (August 2013).

Lurasidon wirkt – vergleichbar mit anderen atypischen Antipsychotika – vorwiegend antagonistisch an Dopamin-D2-Rezeptoren und 5-HT2A- und 5-HT7 Rezeptoren und zeigt kaum antihistaminische oder anticholinerge Wirkungen. Lursasidon kann mit einer täglichen Einmalgabe (Eliminationshalbwertszeit etwa 24h, Tmax 1-3h) von 40 mg mit einer Mahlzeit (Essen/Trinken) von mindestens 350 kcal erfolgen. Die Initial-dosis ist bereits in vielen Fällen wirksam, eine Dosissteigerung auf 80 (Maximum 160 mg/d) kann bei fehlendem Ansprechen erfolgen (Details s. unten).

Zwei RCT liegen dem Zulassungsantrag für die Behandlung von Schizophrenie zu-grunde (Meltzer et al. 2011; Citrome et al. 2012); aus beiden Studien ist eine signifi-kante Überlegenheit der Wirksamkeit von Lurasidon gegenüber Placebo und eine vergleichbare Wirksamkeit von Lurasidon (40-160mg/d) wie Olanzapin und Risperi-don abzuleiten. Die Nebenwirkungsrate lag bei Lurasidon, Olanzapin und Risperidon auf vergleichbarem Niveau, wobei die Nebenwirkungsprofile unterschiedlich waren.

In der 6-Wochen-Studie von Meltzer et al. (2011) (Placebo, Lurasidon, Olanzapin) lag für der Anteil von Patienten mit mindestens einer Nebenwirkung vergleichbar hoch (etwa 78%). Unter Lurasidon waren EPS, v.a. Akathisie und Parkinsonoid häufiger, während unter Olanzapin Gewichtszunahme und Mundtrockenheit häufiger waren. In der 12-Monatsstudie von Citrome et al. (2012) wurden unter Lurasidon und Risperidon ebenfalls vergleichbare Nebenwirkungsraten (mindestens eine Nebenwirkung bei 85% der Pat.) gefunden. Ein höherer Anteil von Patienten unter Lurasidon-Behandlung berichtete über Übelkeit, Erbrechen und Akathisie, unter Risperidon waren Obstipation und Gewichtszunahme häufiger.

Das klinische Nebenwirkungsprofil wurde in weiteren Studien bzw. in einer aktuellen Meta-Analyse (Leucht et al. 2013) bestätigt, d.h. unter Lurasidon werden im Vergleich zu anderen atypischen Antipsychotika (v.a. Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Aripiprazol) häufiger EPS (v.a. Akathisie) und Übelkeit berichtet, während Gewichtszunahme und metabolische Effekte seltener sind als unter Risperidon, Quetiapin und Olanzapin und ebenso wie Effekte auf die QTc-Zeit auf Placebo-Niveau liegen. Bezüglich der Wirksamkeit liegt Lurasidon bei schizophrenen Störungen nach Leucht et al. (2013) etwa auf dem Niveau von Asenapin und Ziprasidon, d.h. unterhalb der Wirksamkeit von Clozapin, Amisulprid, Olanzapin und Risperidon.

Lurasidon erweitert als nicht-trizyklisches Atypikum die Behandlungsmöglichkeiten schizophrener Störungen. Vorteilhaft sind Einmalgabe (mit einer Mahlzeit) und die Möglichkeit, bereits mit einer wirksamen Dosis zu beginnen. Die Wirksamkeit bei schizophrenen Störungen liegt nach aktuellen Meta-Analysen im Bereich von Asenapin und Ziprasidon, in USA besteht auch eine Zulassung für die Behandlung von Patienten mit bipolarer Depression (Belmaker 2014). Für atypische Antipsychotika besteht ein relativ hohes EPS-Risiko (v.a. Akathisie), vergleichbar mit Risperidon, bei allerdings geringeren Prolaktinanstiegen. Auf der anderen Seite sprechen nach aktueller Datenlage geringe Sedierung und insbesondere die nahezu fehlende Gewichtszunahme, keine anderen ausgeprägten metabolischen Effekte und keine bekannte QTc-Intervallverlängerung für den Einsatz von Lurasidon.

Literatur

Belmaker RH (2014). Lurasidone and bipolar disorder. Am J Psychiatry. 171: 131-3.
Citrome L, Cucchiaro J, Sarma K et al. (2012) Long-term safety and tolerability of lurasidone in schizophrenia: a 12-month, double-blind, active-controlled study. International Clinical Psychopharmacology 27: 165–76
Leucht S, Cipriani A, Spineli L et al. (2013) Comparative efficacy and tolerability of 15 antipsychotic drugs in schizophrenia: a multiple-treatments meta-analysis. Lan-cet.; 382: 951-62.
Meltzer HY, Cucchiaro J, Silva R et al. (2011) Lurasidone in the treatment of schizo-phrenia: a randomized, double-blind, placebo- and olanzapine-controlled study. American Journal of Psychiatry 168: 957–67.

Matthias J. Müller
Gießen-Marburg

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