Brexanolon – erste FDA Zulassung speziell für postpartale Depressionen

Im März 2019 hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Brexanolon, die synthetische Form des neuroaktiven Steroids Allopregnanolon, ein Metabolit des Hormons Progesteron, zur Behandlung der postpartalen Depression zugelassen. Die Zulassung erfolgte beschleunigt unter den Kategorien „Priority Review“ und „Breakthrough Therapy“. Das in den USA als ZULRESSO™ bezeichnete Pharmakon wird von SAGE Therapeutics vertrieben.

Brexanolon ist ein positiver allosterischer Modulator synaptischer und extrasynaptischer GABAA-Rezeptoren, wodurch die Aktivität der Rezeptoren in einem unterschiedlichen Ausmaß verändert wird. In Tierversuchen zeigte Brexanolon positive Effekte auf Angst und Depression.

Im Verlaufe einer Schwangerschaft steigen Allopregnanolon-Konzentrationen im Einklang mit Progesteronkonzentrationen an und erreichen im dritten Trimenon die höchsten Konzentrationen, um dann bei Geburt abrupt wieder abzufallen. Dieser abrupte Abfall der Hormonspiegel von Progesteron und Allopregnanolon in Kombination mit einer mangelnden Adaptation der GABAA-Rezeptoren an die abrupt veränderte Situation scheint für die Entstehung postpartaler Depressionen kausal zu sein. Hier könnte Brexanolon seine Wirkung entfalten.

Erste Wirksamkeitsnachweise zeigten Kanes et al. 2017 in einer randomisierten doppelblinden Phase II Studie an insgesamt 21 Frauen, von denen 10 Brexanolon als kontinuierliche Dauerinfusion über 60 Stunden erhielten. Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit erfolgt die Behandlung als kontinuierliche Infusion. Ausgehend von einem Hamilton Depression Rating Scale, HAMD, Gesamtwert von ≥ 26 in den beiden Gruppen zeigten die 10 Patientinnen in der Brexanolon-Gruppe eine Abnahme von 21 Punkten, während die Abnahme in der Placebogruppe nur 8,8 Punkte betrug (Lancet. 2017 Jul 29;390(10093):480-489). Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Schwindel (n=2 in der Brexanolon-Gruppe und n=3 in der Placebogruppe) und Somnolenz (n=2 und n=3).

Wegen der potentiellen unerwünschten Arzneimittelwirkungen, vor allem der Somnolenz, beschränkt die FDA die Behandlung deshalb in einer sogenannten REMS-Strategie („Risk Evaluation and Mitigation Strategy“) auf zertifizierte Behandlungszentren, in denen die Patientinnen während der Behandlung beobachtet werden müssen. Zugehörige Sicherheitsmaßnahmen sind in der Gebrauchsinformation in einer schwarzen Box („Boxed Warning“) aufgeführt.

In zwei Phase-3-Studien (Meltzer-Brody et al. 2018) wurde Brexanolon ebenfalls über einen Zeitraum von 60 Stunden infundiert. In der ersten Studie wurden 138 Frauen mit einer schweren Depressivität (HAMD ≥ 26) in drei Gruppen randomisiert. Die Patientinnen erhielten entweder 90 μg/kg pro Stunde (BRX90) Brexanolon oder 60 μg/kg pro Stunde (BRX60) oder Placebo. Es zeigte sich nach 60 Stunden Dauerinfusion im Rahmen einer least squares Anlayse in den Gruppen eine Reduktion des HAMD Scores von 19,5 (BRX90), 17,7 (BRX60) bzw. 14,0 (Placebo). An Tag 30 nach Infusionsbeginn zeigte sich eine fortbestehende Reduktion des HAMD Scores mit signifikant höherer Reduktion in beiden Brexanolon-Gruppen im Vergleich zur Placebogruppe.

In einer zweiten Phase-3-Studie erhielten von insgesamt 108 Patientinnen mit einem HAMD Gesamtscore zwischen 20 bis 25 Punkten 54 Patientinnen 90 μg/kg pro Stunde (BRX90) und ebenfalls 54 Patientinnen Placebo. Hier zeigte sich in der BRX90 Gruppe eine Reduktion des HAMD Gesamtscores von 14,6 Punkten im Vergleich zu 12,1 in der Placebogruppe. Die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen lag mit 25 (BRX90) bzw. 24 in der Placebogruppe auf ähnlichem Niveau. Interessanterweise zeigte sich in Studie 2 an Tag 30 nach Infusionsbeginn eine robustere Reduktion des HAMD Scores in der Placebogruppe im Vergleich zur BRX90 Gruppe (Lancet. 2018 Sep 22;392(10152):1058-1070).

Fazit

Mit Brexanolon erweitert ein neuer antidepressiver Wirkstoff die bisherige antidepressive Pharmakotherapie, der zu der Gruppe sogenannter „rapid acting antidepressants“ gezählt werden kann (Duman 2018). Inwieweit die bisherige Zulassung in den USA für postpartale Depressionen eine Ausweitung erfahren kann, muss sich im Verlauf zeigen. Insbesondere die von der FDA geforderten hohen Sicherheitsanforderungen aufgrund der Nebenwirkungen im Rahmen der Risk Evaluation and Mitigation Strategs (REMS) werden den Einsatz zunächst auf zertifizierte Zentren beschränken. Ob der in den USA anvisierte Preis von etwa 34.000 $ pro Behandlung zu einer Zurückhaltung bei der Anwendung führt, bleibt ebenso abzuwarten wie die Frage, wann und ob für Brexanolon in Deutschland eine Zulassung beantragt wird.

Michael Paulzen, Aachen [m.paulzen@alexianer.de]
Otto Benkert, Mainz [otto.benkert@t-online.de]

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.