Statine – neue Hinweise auf mögliche positive Effekte bei depressiven Störungen

In Bezug auf die Pathogenese depressiver Störungen mehren sich Hinweise auf eine Beteiligung inflammatorischer Prozesse und einer hierdurch gestörten neuronalen Homöostase, zumindest in einer Untergruppe von depressiven Patienten („Neuroinflammatorische Hypothese der Depression“) [1]. In diesem Zusammenhang wird auch eine antidepressive Wirkung von Substanzen, denen antiinflammatorische/ immunmodulierende Eigenschaften zugeschrieben werden wie beispielsweise Acetylsalicylsäure, das Tetrazyklin Minocyclin, aber auch Statine diskutiert (s.auch Kap. 1.2. des Kompendiums der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 11. A). Für Statine wurden positive Effekte auf Stimmung und Lebensqualität sowie eine protektive Wirkung mit reduziertem Risiko der Entwicklung depressiver Störungen bislang insbesondere anhand von Beobachtungsstudien, teils bei Patienten mit verschiedenen körperlichen Erkrankungen wie akutes Koronarsyndrom, KHK, Schädel-Hirn-Trauma oder Schlaganfällen, beschrieben [2-6]. Dabei gab es auch widersprüchliche Ergebnisse: so wurde in einzelnen Studien die Einnahme von Statinen mit einem erhöhten Risiko für depressive Symptome in Zusammenhang gebracht [7, 8]. Daneben liegen insgesamt drei randomisierte klinische Studien (RCT) mit kleinen Fallzahlen zur antidepressiven Wirkung von Statinen (Lovastatin, Atorvastatin und Simvastatin) als add-on zu SSRI (Citalopram und Fluoxetin) vor.

In zwei aktuellen Arbeiten ergaben sich nun weitere Hinweise für eine positive Wirkung von Statinen auf depressive Störungen [9, 10]. So zeigte sich in einer Metaanalyse zur Wirksamkeit von Statinen als add-on zu Antidepressiva unter Einschluss der drei bislang vorliegenden RCT mit insgesamt 165 Teilnehmern ein antidepressiver Effekt einer zusätzlichen Statin Gabe im Vergleich zu Plazebo [9]. In einer großen dänischen Kohortenstudie [10] an nahezu 900.000 Patienten mit SSRI, von denen 13% (113.108) gleichzeitig ein Statin einnahmen, ergab sich unter der gleichzeitigen Einnahme von SSRI und Statinen ein geringeres Risiko von psychiatrischen Krankenhauskontakten und Krankenhauskontakten aufgrund einer Depression im Vergleich zu einer Einnahme von SSRI allein.

Insgesamt mehren sich die Hinweise für einen positiven Effekt von Statinen alleine sowie als add-on zu Antidepressiva auf depressive Symptome im Sinne einer möglichen Risikoreduktion für die Entwicklung depressiver Störungen sowie eines möglichen antidepressiven Effektes in der Behandlung der Major Depression als Zusatz zu Antidepressiva. Für einen Einsatz von Statinen bei Patienten mit einer Major Depression oder zur Reduktion des Risikos der Entwicklung einer depressiven Episode z.B. nach Schlaganfall außerhalb der bisherigen Indikationen (wie z.B. Sekundär- und Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse, familiäre Hyperlipidämie etc.) bleiben allerdings weitere Ergebnisse abzuwarten.

Literatur:

[1] Kiecolt-Glaser JK, Derry HM, Fagundes CP. Inflammation: depression fans the flames and feasts on the heat. Am J Psychiatry. 2015;172(11):1075-91.

[2] Redlich C, Berk M, Williams LJ, Sundquist J, Sundquist K, Li X. Statin use and risk of depression: a Swedish national cohort study. BMC Psychiatry. 2014 Dec 4;14:348.

[3] Otte C, Zhao S, Whooley MA. Statin use and risk of depression in patients with coronary heart disease: longitudinal data from the Heart and Soul Study. J Clin Psychiatry. 2012 May;73(5):610-5.

[4] Kim JM, Stewart R, Kang HJ, Bae KY, Kim SW, Shin IS, Kim JT, Park MS, Cho KH, Yoon JS. A prospective study of statin use and poststroke depression. J Clin Psychopharmacol. 2014 Feb;34(1):72-9.

[5] Wee HY, Ho CH, Liang FW, Hsieh KY, Wang CC, Wang JJ, Chio CC, Chang CH, Kuo JR. Increased risk of new-onset depression in patients with traumatic brain injury and hyperlipidemia: the important role of statin medications. J Clin Psychiatry. 2016 Apr;77(4):505-11.

[6] Kim SW, Bae KY, Kim JM, Shin IS, Hong YJ, Ahn Y, Jeong MH, Berk M, Yoon JS. The use of statins for the treatment of depression in patients with acute coronary syndrome. Transl Psychiatry. 2015 Aug 18;5: e620.

[7] Kang JH, Kao LT, Lin HC, Tsai MC, Chung SD. Statin use increases the risk of depressive disorder in stroke patients: a population-based study. J Neurol Sci. 2015 Jan 15;348(1-2):89-93.

[8] Morales K, Wittink M, Datto C, DiFilippo S, Cary M, TenHave T, Katz IR. Simvastatin causes changes in affective processes in elderly volunteers. J Am Geriatr Soc. 2006 Jan;54(1):70-6.

[9] Salagre E, Fernandes BS, Dodd S, Brownstein DJ, Berk M. Statins for the treatment of depression: A meta-analysis of randomized, double-blind, placebo-controlled trials. J Affect Disord. 2016; 200:235-242.
[10] Köhler O, Gasse C, Petersen L, Ingstrup KG, Nierenberg AA, Mors O, Østergaard SD. The Effect of Concomitant Treatment With SSRIs and Statins: A Population-Based Study. Am J Psychiatry. 2016 May 3:appiajp201615040463.

Francesca Regen, Berlin, [francesca.regen@charite.de]
Otto Benkert, Mainz, [otto.benkert@t-online.de]

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