Medikamente zur Behandlung von Schlafstörungen – Zulassung von Pitolisant und Tasimelteon

Seit kurzem ist Pitolisant (Handelsname Wakix) als Medikament zur Behandlung der Narkolepsie mit und ohne Kataplexie in Deutschland zugelassen und erhältlich. Es handelt sich um einen inversen Agonisten am Histamin-H3-Rezeptor. Durch die Blockierung der Histamin-Autorezeptoren verstärkt Pitolisant die Aktivität histaminerger Neurone im Gehirn. Ferner wird die Ausschüttung von Acetylcholin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn erhöht (Lin JS et al. 2008); (Schwartz JC 2011).

Indikation: Narkolepsie mit oder ohne Kataplexie
In zwei achtwöchigen Studien wurde die Wirksamkeit von Pitolisant in einer Dosierung bis zu 36 mg täglich bei Narkolepsie nachgewiesen. Bei Patienten mit Narkolepsie verbessert Pitolisant den Grad und die Dauer der Wachheit und die Aufmerksamkeit tagsüber. Studien zeigten auch eine Verminderung der Zahl von Kataplexie-Attacken im Vergleich zu Placebo (Dauvilliers Y et al. 2013); (Lin JS et al. 2008); (Schwartz JC 2011); (van der Heide A et al. 2015).

Dosis: 1. Woche 9 mg, 2. Woche bis zu 18 mg, 3. Woche bis zu 36 mg
Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Pitolisant sind Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Angst, Reizbarkeit, Schwindel, Depressionen, Tremor, Ermüdung, Erbrechen, Vertigo, Dyspepsie, Gewichtzunahme und Schmerzen im Oberbauch.
Die Behandlung mit Pitolisant geht nicht mit dem Risiko schwerer Hautreaktionen einher, die unter Modafinil auftreten können. Eine Kontraindikation besteht für schwere Lebererkrankungen.
Zahlreiche Interaktionen müssen beachtet werden. Vorsicht ist bei Kombination mit Inhibitoren von CYP2D6, z. B. Paroxetin, Fluoxetin oder Bupropion geboten; ein Anstieg der Wirkspiegel von Pitolisant auf das Doppelte ist möglich. In-vitro-Daten legen nahe, dass Pitolisant und seine Hauptmetabolite in therapeutischen Konzentrationen möglicherweise CYP3A4, CYP2B6 und, basierend auf extrapolierten Daten, CYP2C, UGT und P-gp induziert. Die Kombination von Pitolisant mit CYP3A4-Substraten, z.B. Quetiapin, sollte vermieden werden. Bei Substraten von CYP2B6, z. B. Bupropion, CYP2C, z. B. Repaglinid, Phenytoin, Warfarin, P-gp, z. B. Dabigatran, Digoxin und UGT, z. B. Morphin, Paracetamol, Irinotecan, ist wegen des potenziellen Risikos von Wirkverlust Vorsicht geboten und eine klinische Überwachung der jeweiligen Wirksamkeit notwendig. Auf das Risiko von Kombinationen mit AM, die die QTc-Zeit verlängern können, ist zu achten. Bei oralen Kontrazeptiva sollte die Kombination mit Pitolisant vermieden und eine zusätzliche zuverlässige Empfängnisverhütungsmethode angewendet werden.

Bewertung: Die Behandlung mit Pitolsant sollte von einem Arzt eingeleitet werden, der Erfahrungen in der Therapie von Schlafstörungen hat.
Mit Pitolisant steht ein Histamin-3-Rezeptor-Ligand mit neuartigem Wirkprinzip zur Behandlung der Narkolepsie zur Verfügung. Die Wirksamkeit gegen Tagesmüdigkeit ist ähnlich der von Modafinil. Möglicherweise wirkt die Substanz auch antikataplektisch. Das Sicherheitsrisiko wird als akzeptabel angesehen.

Literatur zu Pitolisant
• Dauvilliers Y et al. Pitolisant versus placebo or modafinil in patients with narcolepsy: a double-blind, randomised trial. Lancet Neurol. 2013; 12: 1068-75.
• Lin JS et al. An inverse agonist of the histamine H(3) receptor improves wakefulness in narcolepsy: studies in orexin-/- mice and patients. Neurobiol Dis. 2008; 30: 74-83.
• Schwartz JC. The histamine H3 receptor: from discovery to clinical trials with pitolisant. Br J Pharmacol. 2011; 163: 713-21.
• van der Heide A et al. Comparing Treatment Effect Measurements in Narcolepsy: The Sustained Attention to Response Task, Epworth Sleepiness Scale and Maintenance of Wakefulness Test. Sleep. 2015; 38: 1051-8.

Tasimelteon (Handelsname Hetlioz; 20 mg) wurde kürzlich auf dem deutschen Markt eingeführt. Es handelt sich um einen Melatonin-Rezeptor- Agonisten zur Behandlung des Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Sydroms bei völlig blinden Personen. Beim Blinden ohne jegliche Lichtwahrnehmung ist die Anpassung des Schlaf-Wach-Verhaltens an den 24-Stunden-Rhythmus häufig gestört, so dass die Patienten zu wechselnden Tag- und Nachtzeiten schlafen bzw. wachen. Zwei klinische Studien zeigten die Wirksamkeit von Tasimelteon bei dieser Störung. (Keating GM 2016); (Lockley SW et al. 2015); (Vachharajani NN et al. 2003).
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Übelkeit und Schwindel. Diese waren in der Regel leicht bis mäßig und traten nur vorübergehend auf. Die Behandlungskosten mit Tasimelteon sind sehr hoch.
Literatur zu Tasimelteon
• Keating GM. Tasimelteon: A Review in Non-24-Hour Sleep-Wake Disorder in Totally Blind Individuals. CNS Drugs. 2016; 30: 461-8.
• Lockley SW et al. Tasimelteon for non-24-hour sleep-wake disorder in totally blind people: two multicentre, randomised, double-masked, placebo-controlled phase 3 trials. Lancet 2015; 386:1754-64.
• Vachharajani NN et al. Preclinical pharmacokinetics and metabolism of BMS-214778, a novel melatonin receptor agonist. J Pharm Sci. 2003; 92: 760-72.

Axel Steiger, München; [steiger@psych.mpg.de]
Otto Benkert, Mainz; [otto.benkert@t-online.de]

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