Phosphodiesterase-5-Inhibitoren – Behandlung von Beschwerden bei benigner Prostata-hyperplasie (LUTS bei BPH)

Störungen und Symptome des unteren Urogenitaltrakts (LUTS, lower urinary tract symptoms), v.a. Schwierigkeiten beim Wasserlassen, plötzlicher Harndrang sowie eine erhöhte Frequenz des Wasserlassens und Nykturie, sind häufig bei benigner Prostatahyperplasie (BPH). Zudem treten LUTS bei BPH häufig in Kombination mit einer erektilen Dysfunktion (ED) bei Männern im höheren Lebensalter auf.

Im Oktober 2011 wurde durch die FDA der langwirksame PDE5-Inhibitor Tadalafil (Cialis, 5 mg/Tag) zur Behandlung von LUTS im Zusammenhang mit einer BPH (mit und ohne ED) in den USA zugelassen (http://www.fda.gov/NewsEvents/Newsroom/PressAnnouncements/ucm274642.htm), wenn folgen¬de Kriterien erfüllt sind: Männer > 45 Jahre mit BPH, mindestens mittelgradige Symptomatik mit subjektiver Beeinträchtigung, keine Response auf nicht-pharmakologische Behandlungen, keine Wirkung oder Unverträglichkeit von -Blockern und 5--Reduktaseinhibitoren, vorherige urologische Untersuchung. Die Indikation muss durch einen Urologen gestellt werden, gilt zunächst für 3 Monate und kann bei entsprechender Response für jeweils 1 Jahr verlängert werden. Kontraindikationen und Interaktionsrisiken sind streng zu beachten.

Die Zulassung in den USA basiert auf mehreren doppel-blinden, placebo-kontrollierten, randomisierten Studien, bei denen Tadalafil entweder in Monotherapie oder mit den -Blockern Alfuzosin oder Tamsulosin bei Patienten mit BPH/LUTS mit oder ohne erektile Dysfunktion (ED) eingesetzt wurde (Gacci et al. 2012; Liu et al. 2011; Ückert & Oelke 2011). Die Studiendauer betrug 8-12 Wochen, insgesamt wurden in den Studien über 1000 Männer mit Tadalafil untersucht. Eine Meta-Analyse (Gacci et al. 2012) ergab eine deutliche Überlegenheit von PDE5-Inhibitoren gegenüber Placebo bezüglich der subjektiven Beschwerden bei BPH bei Männern mit und ohne ED, hingegen keine Verbesserung der urologischen Parameter (Flow, Restharn). Die Kombination von PDE5-Inihibitoren und -Blockern ergab bei insgesamt geringen Fallzahlen keine klaren Vorteile. Häufigste Nebenwirkungen der PDE5-Inhibitoren bei LUTS/BPH im Vergleich zu Placebo waren Gesichts- und Hautrötung (Flush), Kopfschmerzen, Dyspepsie und Refluxsymptome bei insgesamt guter Verträglichkeit (Gacci et al. 2012).

Die Empfehlung, Tadalafil bei Männern mit ED und LUTS/BPH als Basis- und Dauermedikation zu verordnen, ist gleichwohl umstritten (Noldus 2011). Mit -Blockern und 5--Reduktase-Inhibitoren sind zumindest zwei wirksame Substanzklassen bereits zugelassen, zudem sind bei BPH auch chirurgische Interventionen mit bekanntem geringen Risiko zu erwägen.

Mittlerweile sind zumindest 11 verschiedene Typen der Phosphodiesterasen (3′,5′-Cyclonukleotid-Phosphodiesterasen) beim Menschen mit unterschiedlicher Aktivität in verschiedenen Organen und Geweben bekannt. Ihre Funktion liegt im Abbau der second messenger cAMP bzw. cGMP zu AMP bzw. GMP. Zahlreiche spezifische und unspezifische Inhibitoren verschiedener PDE-Typen werden aktuell entwickelt. Spezifische PDE-5-Inhibitoren zeigen Wirkungen an der glatten Gefäßmuskulatur, sowie an Lunge und Thrombozyten. Phosphodiesterase-(PDE5)-Inhibitoren gelten bei Beachtung von Indikationen und Kontraindikationen derzeit als Mittel der Wahl zur Behandlung erektiler Dysfunktion unterschiedlicher Genese bei Männern in jedem Lebensalter (in Deutschland zugelassen Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil, in den USA zusätzlich der schnell und kurz wirksame PDE-5-Inhibitor Avanafil). Die Zulassungen von Sildenafil und Tadalafil zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie (PAH) sowie von Tadalafil bei LUTS/BPH in den USA unterstreichen das potentiell größere Wirkspektrum der PDE5-Inhibitoren (Gur et al. 2012).

Matthias J. Müller
Gießen/Marburg

Literatur
Gacci M, Corona G, Salvi M, Vignozzi L, McVary KT, Kaplan SA, Roehrborn CG, Serni S, Mirone V, Carini M, Maggi M. A systematic review and meta-analysis on the use of phosphodiesterase 5 inhibitors alone or in combination with α-blockers for lower urinary tract symptoms due to benign prostatic hyperplasia. Eur Urol. 2012; 61: 994-1003.
Gur S, Kadowitz PJ, Serefoglu EC, Hellstrom WJ. PDE-5 inhibitor treatment options for urologic and non-urologic indications: 2012 update. Curr Pharm Des. 2012 Jun 29. [Epub ahead of print]
Liu L, Zheng S, Han P, Wei Q. Phosphodiesterase-5 inhibitors for lower urinary tract symptoms secondary to benign prostatic hyperplasia: a systematic review and meta-analysis. Urology. 2011; 77: 123-9.
Noldus J. Editorial comment. Urology. 2011; 77: 129-30.
Ückert S, Oelke M. Phosphodiesterase (PDE) inhibitors in the treatment of lower urinary tract dysfunction. Br J Clin Pharmacol. 2011; 72: 197-204.

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