Hinweise auf erhöhtes Suizidrisiko bei der Behandlung mit Antikonvulsiva durch die FDA

Die FDA warnt im Januar 2008 vor einem doppelten Risiko für Suizidgedanken und suizidalem Verhalten bei der Behandlung mit Antikonvulsiva im Vergleich zu Placebo http://www.fda.gov/cder/drug/infopage/antiepileptics/default.htm. Die Grundlage ist eine Metaanalyse von Studien mit unterschiedlichen Erkrankungsbildern, bei denen Antikonvulsiva verordnet worden waren. Das relative Risiko war bei Patienten mit Epilepsien deutlich stärker erhöht (3,6fach) als bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen (1,6fach) (Tab. 1).

Es wurde das Auftreten von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten in 199 placebo-kontrollierten klinischen Studien von der FDA analysiert. Es wurden elf Antikonvulsiva (Carbamazepin, Felbamat, Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Pregabalin, Tiagabin, Topiramat, Valproat, Zonisamid) verordnet. Die Analyse schloss 43892 Patienten (Alter ≥ 5 Jahre) ein, davon 27863 unter Antikonvulsiva und 16029 Placebo. Der Beobachtungszeitraum reichte von der ersten bis zur 24. Behandlungswoche.

Vier Patienten, die Antikonvulsiva einnahmen, suizidierten sich, während sich kein Patient aus der Placebo-Gruppe suizidierte. In der Analyse zeigten Patienten, die eine antikonvulsive Medikation erhielten, ein doppeltes Risiko für Suizidgedanken und suizidales Verhalten (0.43%) verglichen mit den Patienten unter Placebo (0.22%). Der Unterschied ist statistisch signifikant. Die Ergebnisse waren konsistent bei allen elf Medikamenten. Sowohl Patienten, die wegen einer Epilepsie als auch wegen einer psychiatrischen Erkrankung oder aus anderen Gründen, z.B. wegen neuropathischer Schmerzen, mit Antikonvulsiva behandelt worden waren, zeigten im Vergleich zu Plazebo ein erhöhtes Risiko. Es fanden sich keine spezifischen demographischen Subgruppen. Auch bezüglich des Alters der Patienten fand sich kein spezifisches Muster.

Tab. 1: Relatives Risiko und Risiko-Unterschiede für Suizidalität in der FDA-Analyse

Indikation Placebo-Gruppe mit Ereignissen pro 1000 Patienten Antikonvulsiva-Gruppe mit Ereignissen pro 1000 Patienten Relatives Risiko:
Inzidenz in der Antikonvulsiva-Gruppe / Inzidenz in der Placebo-Gruppe
Epilepsien 1.0 3.5 3.6
Psychiatrische Erkrankungen 5.2 8.3 1.6
Andere 0.8 2.0 2.3
Gesamt 2.2 4.3 2.0

Die FDA empfiehlt bei Patienten unter Antikonvulsiva auf suizidale Hinweise sorgfältig zu achten. Es wird aber nicht empfohlen, eine Behandlung unter Antikonvulsiva abzubrechen.

Ähnlich wie bei der Frage einer Induktion suizidaler Gedanken unter SSRI kann erst in prospektiven Studien erkannt werden, in welchem Verhältnis der positive suizidverhütende Effekt durch Antikonvulsiva bei bipolaren affektiven Störungen zu einem möglichen höheren Suizidrisiko unter Antikonvulsiva steht.

Olaf Möller, Aachen

Gerhard Gründer, Aachen

Otto Benkert, Mainz April 2008

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