Vortioxetin – Zusatznutzen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 15. Oktober 2015 beschlossen, den Zusatznutzen des seit Mai 2015 in Deutschland erhältlichen Antidepressivums Vortioxetin (Brintellix®) [1, 2] nicht anzuerkennen [3]. Damit folgt der G-BA der Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), welches vom G-BA mit der Nutzenbewertung beauftragt worden war und seinen Bericht im August 2015 veröffentlicht hatte [4]. Als „zweckmäßige Vergleichstherapie“ wurde hierbei für leichte depressive Episoden ein „beobachtendes Abwarten“, für mittelgradige und schwere depressive Episoden eine Behandlung „mit einem Antidepressivum aus der Wirkstoffgruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)“ angenommen, ein Zusatznutzen sei hierbei nach Einschätzung des G-BA und des IQWiG für Vortioxetin nicht belegt. Bemängelt wurden dabei vom IQWiG und G-BA insbesondere methodische Vorgehensweisen des vom pharmazeutischen Unternehmer Lundbeck vorgelegten Dossiers zur Nutzenbewertung [5], so dass die Analysen für die Bewertung des Zusatznutzens für Vortioxetin „nicht verwertbar“ seien. Als nächstes folgen entsprechend dem seit Januar 2011 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) Preisverhandlungen des pharmazeutischen Unternehmers mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen zur Festlegung des Erstattungsbetrages. Dieser darf gemäß AMNOG für Arzneimittel ohne nachgewiesenen Zusatznutzen nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führen, als die der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Sind mehrere Alternativen für die zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt, darf der Erstattungsbetrag nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führen als die wirtschaftlichste Alternative [6]. Sollte für Vortioxetin ein Erstattungsbetrag in Höhe eines SSRI festgelegt werden, erscheint unwahrscheinlich, dass dies vom pharmazeutischen Unternehmer akzeptiert wird.

Die Preisverhandlungen müssen bis Mai 2016 abgeschlossen sein, ggf. schließt sich ein Schiedsverfahren an. Bis dahin ist Vortioxetin in der Behandlung depressiver Episoden weiterhin uneingeschränkt verordnungs- und erstattungsfähig.

[1] Vortioxetin – EU-Zulassung als neues Antidepressivum, Kompendium News vom 3.3.2014, http://www.kompendium-news.de/2014/03/vortioxetin-eu-zulassung-als-neues-antidepressivum/
[2] Benkert & Hippius, Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 10. Auflage, 2015, Kap. 1, Präparateteil.
[3]
https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/169/#tab/beschluesse
[4] https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/arzneimittelbewertung/a15-16-vortioxetin-nutzenbewertung-gemass-35a-sgb-v-dossierbewertung.6723.html
[5] https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/169/
[6] https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/arzneimittel/rabatt_verhandlungen_nach_amnog/rabatt_verhandlungen_nach_amnog.jsp

Francesca Regen, Berlin; francesca.regen@charite.de
Otto Benkert, Mainz; otto.benkert@t-online.de

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